Erster Bock mit .30"-30

Der erste Bock

mit .30"-30 Möllergeschoß

Guten Morgen Herr Möller,

hier kommt die Geschichte des ersten Bockes, der mit dem .30"-30 MJG gestreckt wurde, nicht der kapitale Bock, auf den ich während meines Jagdurlaubs Wochen zuvor angesessen hatte, aber wie wir Jäger wissen, haben wir das nicht in der Hand.

Anders als bei den mir bekannten Bleigeschossen, trafen wenige relativ große Geschoßsplitter das Herz und die Leber. Die Lunge wurde vom Restbolzen durchschlagen, jedoch ohne größere Versulzung hervorzurufen. Die Wucht war durch die Wirkung Ihres MJG beachtlich und riß den Bock vorn herum. Die plötzliche Expansion des Brustkorbes und das hydraulische Nachschwingen beim Eintritt des Geschosses konnte ich durch das Zielfernrohr deutlich beobachten.

Ich bin nunmehr auf die Wirkung des .30"-30 MJG auf stärkeres Wild gespannt, zuerst einmal einen Überläufer? Na, vielleicht wird ja noch ein sicherer Schütze auf einem Ansitz oder einer Drückjagd gesucht? Warten wir es ab! Gernwerde ich Ihnen weiter von meinen Jagderlebnissen mit dem .30"-30 MJG berichten.

Übrigens, das Thema Selbstzündung im Röhrenmagazin ist nun wirklich kein Thema mehr. Ich habe keine Anzeichen von Abdrücken der Geschoßspitze auf dem Zündhütchen festgestellt, obwohl ich das Röhrenmagazin immer voll geladen habe. Es zeigen sich lediglich Kratzer vom Laden, die schon auf dem Foto auf Ihrem .30"-30 MJG Netzplatz dargestellt sind.

Mit freundlichen Grüßen, Wolfgang Gerhards, Sonntag, 27. August 2006 13:13

Die Geschichte

Am Morgen des 23. August '06 hatte ich auf Sauen angesessen und just vor dem Abbaumen auf abenteuerliche Weise einen Überaschungsfuchs erlegen können.

Bei der Rückfahrt durch das Revier meines Jagdfreundes fiel mir ein bislang wenig beachteter Maisacker direkt an der KreisStraße auf. „Da könnte man auch mal ansitzen“, dachte ich und schmiedete den Plan, mir nach Feierabend diesen Acker einmal genauer anzusehen. Ich hatte einige Tage zuvor einzelne Tritte von Sauen von einem Waldstück kommend ausmachen können, die in die Richtung dieses Maisackers führten, konnte mir aber nicht vorstellen, Sauen sollten die unmittelbare Nähe einer Ortschaft suchen.

Zum Ausgehen der Fährten waren die Äcker jetzt einfach zu naß. Mein Jagdfreund hielt den vermuteten Aufenthaltsort für Sauen für wenig wahrscheinlich, trotzdem prüfte ich am gleichen Abend um 18 Uhr die Situation. Spaziergängerisch trott ich die beiden Feldwege am Acker entlang, möglichen Sauen weismachen wollend, gar nichts arges im Schilde zu führen. Leider konnte ich keine wahren Pirschzeichen, sofern man bei Sauen davon sprechen möchte, erkennen.

Mir kam ein Spruch in den Kopf, der lautet: „Wenn der Prophet nicht zum Berge kommt, denn muß der Berg eben zum Propheten gehen.“ Also versuchte ich mich in die Situation eines handlichen 80 kg Keilers zu versetzen, der wohl jetzt gerade faul an einer der wenigen Suhlen, trocken und entspannt daliegt und, den nun die ersten Hungerattacken nachdenklich werden lassen.

„Na, wohin soll’s denn heute gehen?“ Und das genau war die Kernfrage! Man muß sie abfangen bevor die Fährten sich zu unbekannten Orten der kulinarischen Begierde teilen. Ja, ich kannte einen solchen Platz – im Wald – aber man müßte zeitig ansitzen. Die Dunkelheit wäre neben dem falschen Wind der größte Feind, und gerade heute brannte die Sonne vom Himmel und ich empfand die Wettersituation nach dem Regen der Vortage als drückend schwül, überaschend eigentlich nach diesen kalten Tagen.

Tja, so ein Wetter wäre während meines Jagdurlaubs zwischen Ende Juli und Anfang August 2006 gut für treibende Böcke gewesen, aber da war es einfach zu heiß und ich hatte leider weder Morgens noch Abends irgend einen Anblick.



Sommermorgen

Sommerabend

Sommerliches Abendrot

Zumindest konnte ich die Ansitze für tadellose Sonnenauf- und untergänge nutzen, als Futter für eine Geburtstags-DVD für meinen Jagdfreund.

Beim Angehen ließ ich auch diesmal wieder größte Sorgfalt walten, hatte doch das vorangegangene heftige Gewitter zwei Tage zuvor alles von den Bäumen heruntergerissen, was nicht niet- und nagelfest war. Zweige, sogar Äste lagen überall herum und gerade dort, wo man sie am wenigsten gebrauchen konnte – auf dem Pirschweg.

Kirrung

Nach einer guten halben Stunde erreichte ich die Kirrung, an der ich am Samstag zuvor die zwei Kitze geschlagene 40 Minuten beobachten und studieren konnte. Die Kanzel war noch gute 50 Schritt entfernt und wegen dem lichten und trockenen Untergrund nahm ich mir noch einmal 10 Minuten für das regelrecht - schrittweise Angehen. Dank meiner Erfahrung mit den beiden Kitzen, wollte ich wirklich alle verräterischen Tritte und Geräusche vermeiden.

Als ich endlich ansaß, triefte fast alles an mir – dieser Wärmeinbruch war auch sehr ungewöhnlich, und lies vermuten, daß es immer noch Sommer werden könne, und daß einige „Nachtgrade“ mehr noch nicht zu dem heute beobachteten Morgennebel führen würden.

Ich machte zuerst mein Steiner 8*56 Fernglas, dann meine Waffe fertig. Leise zog ich die Schutzkappen vom Docter Zielfernrohr ab und stellte die gesicherte Marlin 336 an einen sicheren Platz. Wegen der erhofften Sauen hatte ich das Röhrenmagazin mit den .30“-30 Waldmann Patronen voll geladen.

Mein Gehör stellte ich ganz auf Sauen ein, und ich achtete auf jedes Gebrech. Was ich jedoch vernahm, waren unweit vorbeieilende Fahrzeuge, einige wollten sicher nach Hause, andere sonst wo hin und - einer rollte langsam über den Schotterweg der an einer Kehrwende endet - 200m unter meinem Ansitz.

Ich dachte derweil über das unbeschränkte Betretungsrecht des Waldes und der Natur zu jeder Tages- und Nachtzeit nach und erinnerte mich daran wie es denn früher war – so vor 35 Jahren. Im Leben nicht wäre jemand auf die Idee gekommen, zur Dämmerungszeit durch den Wald zu „dappen“ oder im Felde den Hund springen zu lassen.

Mein bester Freund damals war der jüngste Sohn des Oberförsters. Sein Vater war Forstmann und Waidmann zugleich. Ja, er konnte beides unter den selben Hut bringen – damals halt. Seine fachgerechten Erklärungen zum Verständnis der Natur begleiten mich noch heute.

Auf jeden Fall ist es wohl auf dem Ansitz so, daß angespanntes Wahrnehmen und Gedanken rund um die Jagd gleichzeitig vor dem geistigen Auge ablaufen und sich dabei auch gar nicht gegenseitig stören.

Gegen 19:30 Uhr vernahm ich ein recht lautes Krachen rechts hinter mir im Wald. Es war noch taghell und ich dachte erst - es sei wieder mal einer der abgebrochenen „Gewitteräste“ der nun frei geworden war und herunterfiel.

Schließlich registrierte ich, daß es völlig windstill war und - mein Puls pochte plötzlich in meinen Schläfen, ohne daß ich etwas dafür tat. Jagdfieber! Ganz langsam schob ich meinen Rücken in die linke Ecke der Kanzel und verharrte. Meine rechte Hand fingerte nach dem abgelegten Fernglas und ich begann zuerst hinter mir, dann seitlich das Altholz zu durchdringen.

Ich wundere mich immer wieder wie ungeeignet unser Sehvermögen für die Jagd ist. Endet doch alle Wahrnehmung, je nach Licht, 5m hinter der Waldlinie. Der Blick durch ein gutes Fernglas ist wie eine Labsal für Auge und Geist, denn mit guter Optik kann man bis zu 15m tiefer in den Forst hinein blicken.

Anwechselndes Wild kann mit guter Optik zeitig vor dem möglichen Schuß sicher angesprochen und bestätigt werden.

Also, mit diesem Knacken im Walde ging das noch eine gute halbe Stunde, ohne daß ich ein rechtes Fortkommen oder eine Bewegung damit verbinden konnte. Sauen würden wohl auch kaum aus dieser Richtung kommen, aber wer weis das schon! Ich blieb also ganz locker und bereitete mich schon auf meine beiden bekannten Kitze vor.

Und das genau soll man bei der Jagd niemals machen, nämlich Erwartungen hegen!

Oft lag schon das falsche Stück auf der Decke, bei dem Einen oder Anderen – und nichts schmerzt ärger als ein FehlAbschuß! Wissend dessen, korrigierte ich meine Einstellung und umgehend erwartete ich - gar nichts! Alle meine Sinne waren gespannt wie die Sehne eines Langbogens. Die Augen gingen zügig von rechts nach links, den Blick am Boden haftend - ohne den Kopf zu bewegen.

Es hatte gerade 20 Uhr geschlagen. Die Schläge der nahen Kirchturmglocken schienen zu meinem ständigen Jagdbegleiter zu werden. Irgend etwas Unerklärliches lag in der Luft, so etwas wie die Aura eines jagdbaren Tieres.

Der erfahrene Jäger kann oft etwas wahrnehmen, bevor er „sieht“. Diese Fähigkeit kann man auch mit Instinkt bezeichnen. Ohne daß dieses Gefühl stärker wurde vergingen nun ~ 10 Minuten wie in einem Augenblick. Es sind oft diese Zufälle – es fällt einem zu – die den jagdlichen Erfolg ausmachen. Oft hat man nur einen Augenblick oder auch zwei, selten mehr als drei!

Wenn das Wild über eine Lichtung zieht, oder einen Waldweg überfällt, bleibt nur ein Augenblick die Art, das Alter, das Geschlecht, die signifikanten Merkmale des Gehörns, eventuelle Krankheitsmerkmale und Abnormitäten zu bestimmen, sicher anzusprechen sowie den Abgleich mit den jagdgesetzlichen Schonzeitregelungen und den Abschußvorgaben des Revierpächters durchzuführen.

Jäger tragen eine große Verantwortung gegenüber der Kreatur und dem Gesetz!

Es muß ~ 20:06 Uhr gewesen sein, mein Blick war dort, wo er hin gehörte, dann trat in Höhe der Kirrung ein Rehbock rechts aus dem Wald. Er kam zügig und interessierte sich überhaupt nicht für die Salzlecke. Da ich nicht auf Böcke eingestellt war, riß ich achtlos mein Fernglas hoch und war sofort drauf. Fast Lauscherhoch, mehr als ein Spießer, weiße Frontlinie am Gehörn. Die hintere Vereckung konnte ich nicht erkennen weil er hoch erhobenen Hauptes gerade auf mich zu wechselte.

Er verharrte kurz auf der Lichtung, warf sein Haupt nach links hinten und blieb breit und mit ausladendem Stand zu mir stehen. Sein Verhalten paßte zu brunftigen Böcken. Jetzt schickte sich der Bock an im Stangenholz links vor mir zu verschwinden. Ich konnte eine Art Beben, anders jedoch als ein Zittern, in seinem hinteren Körperteil wahrnehmen. Währenddessen verharrte er kurz.

Der Griff zur Waffe, das Einschwingen zur Schulter, der rote Zielpunkt war auf dem Blatt, entsichern, Hahn spannen, fünf Zentimeter mittig hinters Blatt gefahren, - Hubertus - , er soll gleich liegen!

Plötzlich stand die Zeit still, der Zeigefinger zog überaschend bedächtig den Abzug, der Schuß brach, mir war, als könnte ich das MJG fliegen sehen. Ich bemerkte den Rückstoß des Kolbens nicht, auch war es eher Stille als laut, ich konnte die plötzliche Verdrängung des Gewebes im Brustkorb wahrnehmen, die durch das Geschoß verursacht wurde.

Durch die Wucht wurde der Bock vorn um mehr als 45 Grad nach rechts herumgeworfen und zog im Niedergang die Vorderläufe an. Ein klassischer Blattschuß, wie er im Lehrbuch beschrieben wird.

.30"-30 MJG BockEinschuß

.30"-30 MJG BockAusschuß

Der Jährling wies einen starken das selbefall am hinteren Rücken auf – keine weiteren Verletzungen. Er war von verhältnismäßig starkem Wildbret.

Beim Aufbruch in der Wildkammer zeigte sich, die Lunge war durchschlagen, ein Splitter hatte die rechte Herzkammer, zwei andere die Leber getroffen. Die Nieren waren ohne Befund. Die Wirbelsäule oberhalb des Blattes war verletzt und das Geschoß war auf der abgewandten Seite im Bereich der Schulter ausgetreten. Es war auffallend wenig Versulzung zu erkennen. Das MJG tötete sofort und der Bock lag im Knall.

Die Zeit der Böcke ist nun vorbei!

Mal sehen wann es Hubertus für zeitig hält, mir den ersten Überläufer vorbeizuschicken.

Waidmannsheil, Wolfgang Gerhards, August 2006