Manfred Baron von Richthofen
Manfred Freiherr von Richthofen vor Keiler

Manfred Baron von Richthofen

Der Rote Kampflieger

Bester Lutz,

anbei etwas ältere Jagdgeschichte aus den Erinnerungen des roten Barons. Zur gefälligen Weiterverwendung.

Bis soweit, mit Gruß, Lutz Donnerhack, Sonntag, 23. November 2008 18:45

Zitiert aus dem Buche: „Der rote Kampfflieger“ von Manfred Freiherr von Richthofen.
Eingeleitet und ergänzt von Bolko Freiherr von Richthofen.
III. Auflage seit 1917, erschienen 1933 im Ullstein Verlag – Berlin

Anmerkung: Die Zitate stammen von Manfred von Richthofen selbst, aus seinen an seine Mutter gerichteten Briefen im Herbst/Winter1914. In dieser Zeit war M.v.R. noch Patrouillenreiter der preußischen Ulanen. Seine Ausbildung zum Flieger begann erst am 6. Juni 1915 bei der Flieger-Ersatz-Abteilung 7 in Köln mit der Ausbildung zum Beobachter.

S.27-2.Absatz

Über meine Kriegsschulzeit kann ich eigentlich wenig sagen. Sie erinnerte mich zu sehr an das Kadettenkorps und ist mir infolgedessen in nicht allzu angenehmer Erinnerung.
Eine spaßige Sache erlebte ich. Einer meiner Kriegsschullehrer kaufte sich eine ganz nette dicke Stute. Der einzige Fehler war, sie war schon etwas alt. Er kaufte sie für fünfzehn Jahre. Sie hatte etwas dicke Beine. Sonst aber sprang sie ganz vortrefflich. Ich habe sie oft geritten. Sie ging unter dem Namen „Biffy“.
Etwa ein Jahr später beim Regiment erzählte mir mein Rittmeister v. Tr., der sehr sportliebend war, er habe sich ein ganz klobiges Springpferd gekauft. Wir waren alle sehr gespannt auf den „klobigen Springer“., der den seltenen Namen „Biffy“ trug. Ich dachte nicht mehr an die alte Stute meines Kriegsschullehrers. Eines schönen Tages kommt das Wundertier an, und nun soll man sich das Erstaunen vorstellen, daß die gute alte „Biffy“ als achtjährig in dem Stall v. Tr. s sich wieder einfand. Sie hatte inzwischen einige Male den Besitzer gewechselt und war im Preise sehr gestiegen. Mein Kriegsschullehrer hatte sie für fünfzehnhundert Mark gekauft, und v. Tr. hatte sie nach einem Jahre als achtjährig für dreitausendfünfhundert Marke erworben. Gewonnen hat sie keine Springkonkurrenz mehr, aber sie hat wieder einen Abnehmer gefunden- und ist gleich zu Beginn des Krieges gefallen.

Vor Verdun, den 24. September 1914, S.55

Ich kann Dir eine frohe Botschaft verkünden. Gestern erhielt ich das eiserne Kreuz.
Wie steht es denn mit Lemberg? Ich gebe Euch einen Rat: kommen die Russen, so vergrabt alles, was Ihr wieder sehen wollt, tief im Garten oder sonst wo. Was Ihr zurücklaßt, seht Ihr nie wieder.
Du wunderst Dich, daß ich soviel Geld zurücklege, aber nach dem Kriege muß ich mir alles neu anschaffen. Was ich mitgenommen habe, ist erledigt - verloren, verbrannt, von Granaten zerfetzt usw.; mein Sattelzeug mit inbegriffen. Wenn ich noch lebendig aus diesem Krieg hervorgehen sollte, hätte ich mehr Glück wie Verstand.

Weiter auf S.57-

- am von unendlich vielen Gewehrkugeln und Granaten abgemähten Wald der Coté Lorraine

- An meinen freien Tagen beschäftigte ich mich mit meinem Lieblingshandwerk, dem Jagen. Der Wald von La Chausssée bot mir dazu reichlich Gelegenheit. Ich hatte bei meinen Spazierritten Sauen gespürt und war nun damit beschäftigt, diese ausfindig zu machen und mich nachts anzusetzen. Schön Vollmondnächte mit Schnee kamen mir zu Hilfe. Ich baute mir mit Hilfe meines Burschen Hochsitze an ganz bestimmten Wechseln und bestieg diese nachts. Da habe ich so manche Nacht auf Bäumen zugebracht und wurde morgens als Eiszapfen wieder vorgefunden. Aber es hatte sich gelohnt.
Besonders eine Sau war bemerkenswert, sie kam jede Nacht durch den See geschwommen, brach an einer bestimmten Stelle in einen Kartoffelacker und schwamm dann wieder zurück. Es reizte mich natürlich besonders, dieses Tier näher kennenzulernen. So setzte ich mich denn an dem Ufer dieses Sees an. Wie verabredet, erschien die alte Tante um Mitternacht, um sich ihr Nachtmahl zu holen. Ich schoß, während sie noch im See schwamm, traf, und das Tier wäre mir beinahe versoffen, wenn ich nicht noch im letzten Moment hätte zugreifen können, um sie an einem Lauf festzuhalten.
Ein andermal ritt ich mit meinem Burschen in einer ganz schmalen Schneise, da wechseln vor mir mehrere Stücke Schwarzwild über sie. Ich schnell runter, den Karabiner meines Burschen ergriffen und einige hundert Schritt vorgelaufen. Tatsächlich, da kam noch ein Kerl, und zwar ein mächtiger Keiler. Ich hatte noch nie einen Keiler gesehen und war nun erstaunt, wie riesenhaft dieser Kerl aussah. Jetzt hängt er als Trophäe hier in meinem Zimmer; er ist eine Schön Erinnerung.

Vor Verdun, den 11. Oktober 1914 - S.58

Gleich geht die Post ab; da möchte ich noch schnell einen Gruß an Dich mitsenden. In den letzten Tagen habe ich mal wieder viel erlebt. Fast hätte ich dran glauben müssen; aber ich hatte noch einmal Glück. Ich war auf Patrouille und war gerade abgesessen von meinem ganz ausgezeichneten Charger, da schlug eine Granate etwa fünf Schritt von mir ein und platzte auf dem Sattel meines Pferdes. Außer diesem blieben noch drei andere Pferde tot liegen. Mein Sattel und alles, was man gerade so braucht und ich in den Packtaschen hatte, ist natürlich in kleine Stücke gerissen. Ein Splitter zerriß mir meinen Umhang, sonst ist mir nichts passiert. Ich las gerade einen Brief von Tante Friedel; das dazu gehörige Paketchen hatte ich noch nicht aufgemacht, sondern in meine Packtasche gesteckt- es war zu einer unförmigen Masse zerquetscht. Antithesis hatte ich auch mit; er hat einen kleinen Splitter in die Backzähne bekommen- nicht weiter schlimm. -

Béchamp, 2. November 1914, S. 59 unten

Die Lage vor Verdun hat sich seit Wochen nicht um fünfzig Meter verschoben. Wir liegen in einem abgebrannten Dorf. Wedel und ich wohnen in einem Haus, wo man sich die Nase zuhalten muß. Reiten tut man selten, fast nie, da Antithesis krank und mein Fuchs tot ist; laufen noch weniger, mit anderen Worten: Man hat gar keine Bewegung.

Côtes, 15. Januar 1915, S. 60 unten

In den letzten Tagen war doch ziemlicher Betrieb oben auf der Côte. In der Nacht vom 27. zum 28. nahmen wir, Grenadier-Reg. 7, den Franzosen einen Graben weg. In der Nacht vom 29. zum 30. wollten die Franzosen ihn sich wiederholen, wurden aber glänzend abgeschmiert. Die Verluste waren Gott sei Dank verhältnismäßig gering. Jeder Kerl hier im Schützengraben ist ein Held, und ein Dichter hat richtig gesagt: „Es gibt nicht soviel Eisen, wie ihr Helden draußen seid.“
Jeder einzelne verdient das Eiserne; das muß jeder sagen, der unsere braven Leute kämpfen sieht. Lebe recht herzlich wohl, grüsse Papa, Ilse und „Deutschlands Zukunft“ Bolko.