Tigerjagd

Mein lieber Herr Möller

Heute habe ich aus einem Buch folgenden Text abgetippt - Uff. (sowohl als Word als auch als PDF) Geschrieben wurde dies von einer Österreicherin. Als Frau war dies für mich besonders bemerkenswert. Es ist halt lange her, 30er oder 40er Jahre. Namentlich im damaligen Indochina neben dem Mekong. Das Thema? TIGERJAGD!

Emmy Bernatzik, 1904 in Wien geboren, heiratete 1928 den berühmten österreichischen Forscher Prof. Hugo Bernatzik, mit dem sie viele Forschungsfahrten unternahm. Etwa nach Westafrika, in die Südsee und nach Hinterindien. Eine große Zahl wissenschaftlicher Werke zeugt von der fruchtbaren Tätigkeit dieser beiden berühmten österreichischen Wissenschaftler.

Ihre Anneliese Sch., Sonntag, 6. April 2008 23:22

PS: Schließlich bin ich Ihnen auch was schuldig

Tigerjagd

Schon am Tag nach unserer Ankunft klagte der Häuptling darüber, daß ein Tiger, ein alter Einzelgänger, die Umgebung seines Dorfes unsicher mache: „In der vergangenen Nacht fiel ihm einer der weidenden Wasserbüffel zum Opfer, vor acht Tagen holte er sich ein Rind aus einem Stall, und viele Schweine riß er in den letzten Tagen“, so lauteten immer wieder die Klagen der Eingeborenen, die sich in der Dämmerung nicht mehr vor ihre Hütten wagten und deren Opfer an die Dämonen, die sie von ihrem Feind, dem Tiger, befreien sollten, nichts genützt hatten. Die Furcht vor dem Tiger wurde durch sein schlaues Verhalten noch verstärkt. Fast niemals bekamen ihn die Eingeborenen zu Gesicht oder vor ihre Lanzen. Nur die Spuren seiner mächtigen Pranken und die gerissenen Opfer kündeten von seinen nächtlichen Besuchen.

Wir überlegten: Während ein Löwe die weite Steppe aufsucht, ist der Tiger ein Bewohner des dichten Dschungels und vermeidet, die Deckung zu verlassen. Der gefürchtete Räuber müßte sich daher in der etwa fünf Kilometer großen Dschungelparzelle aufhalten, die von allen Seiten von Steppe und abgeernteten Reisfeldern umgeben ist. Wir hielten Kriegsrat und versprachen dem Häuptling, den Tiger zur Strecke zu bringen. Wir ersuchten ihn, sämtliche verfügbaren Männer der Umgebung zusammenzurufen, die uns als Treiber dienen sollten.

Endlich war es soweit. Eines Tages, bevor noch die Sonne über dem Horizont erschien, herrschte große Aufregung im Dorf. Die Männer stopften sich noch eilig Reisklöße in den Mund, spülten sie mit ein paar Schlucken Reisbier hinunter, holten ihre Lanzen von der Hüttenwand und prüften kritisch die Schneiden. Einige gebrauchten noch rasch den Schleifstein, andere nahmen Abschied von Weib und Kind. Dann waren endlich alle bereit.

Bei Sonnenaufgang brachen wir auf: Mein Mann und ich, gefolgt von hundertfünfzig Kriegern mit ihren drei bis vier Meter langen Lanzen und etwa zwanzig kleinen schakalartigen Hunden, die freudig und aufgeregt bellend umhersprangen. An Ort und Stelle angekommen, teilte der Häuptling die Krieger in Treibergruppen auf, die sich eilends an die ihnen zugewiesenen Plätze begaben. Dann wandte er sich zu uns und führte uns an den Stand. Seine Frage, ob wir einen Baum erklettern wollten, verneinten wir ausdrücklich. Hätten wir allerdings die Sachlage gekannt, wäre unsere Ablehnung weniger kategorisch ausgefallen, denn gerade an einer der am dichtesten Stellen blieb unser Führer stehen und wies uns an, den Tiger hier zu erwarten. Ich blickte mich um- der Ausschuß betrug bestenfalls fünf Meter. Ein hoffnungsloses Beginnen, eine gereizte Großkatze aus dieser Entfernung erlegen zu wollen. Mein Mann machte dem Häuptling verständlich, daß er ja nicht mit einem Speer, sondern mit einem Gewehr ausgerüstet sei. Auf so kurze Entfernung aber sei der Speer eine ungleich wirksamere Waffe als ein Kugelgewehr. Das ging dem Häuptling aber gar nicht ein; achselzuckend führte er uns an eine andere Stelle. Hier lagen die Verhältnisse noch ungünstiger, der Ausschuß war nicht besser, und Höhe Blattpflanzen gefährdeten außerdem das knappe Schußfeld. Wieder begann eine Auseinandersetzung.

Da ertönten auf einmal von allen Seiten gellende Schreie. Ein grelles, vibrierendes „Ji-i“ – es ist das Kriegsgeschrei der Pnong.
Das Treiben hatte begonnen. Einen Augenblick verharrten wir unschlüssig, doch schon nach wenigen Sekunden verstärkte sich das Geschrei, man hörte Hundegebell und das Wort „Rmoung“ – der Tiger! – aus hundert Kehlen. – Sie hatten den Tiger hochgemacht! Nun gab es kein Zaudern. Rasch entriß mir mein Mann den Drilling und reichte mir sein Hochrasanzgewehr – zum Repetieren würde er ohnehin keine Zeit gehabt haben. „ Geh zurück!“ rief er mir zu. Ich nahm rasch etwa zwanzig Schritt hinter ihm Aufstellung, vom Häuptling und drei Kriegern begleitet, die ihre Lanzen sternförmig nach allen Seiten dem noch unsichtbaren Feind entgegenhielten. Das durch Mark und Bein dringende Schreien schwoll an, näherte sich, verstummte. Noch hatte der Gehetzte einen Schlupfwinkel gefunden. Oder würde er plötzlich lautlos in den Büschen vor uns auftauchen? Die Zeit verging in höchster Spannung, man war in ständiger Erwartung, wurde langsam etwas müde, da die Sonne schon heiß herunterbrannte und der durst sich meldete. Wieder die Rufe in der Nähe. Ich starrte in die grüne Wand um mich, nichts gelb-schwarz Gestreiftes war zu sehen.

Tiger hinter Zweigen

Die Rufe verstummten wieder, doch die Spannung hielt an. Stunden vergingen, der Tiger aber schien gegen unseren Standort eine Abneigung zu hegen. Da plötzlich ein Schrei, in den alle Krieger triumphierend einfielen: Einer von ihnen hatte den Tiger mit der Lanze verwundet. Vorsichtig, nach allen Seiten spähend, gingen wir den tobenden Treibern entgegen. Mit leuchtenden Augen zeigten sie uns Schweißtropfen auf den Gräsern und Blättern, die der Verwundete gestreift hatte. Einige Späher saßen auf Bäumen und riefen herab, nach welcher Richtung sich das umzingelte Tier gewendet habe. „Er ist schon müde“, meinte einer. Aber im selben Augenblick fauchte und grollte es im dichten Gestrüpp vor uns, und in zwei Meter Entfernung fuhr wie ein Blitz der im Sprung langgestreckte Körper des Tigers an uns vorbei. Der war nicht müde! In weitem Abstand folgte die kläffende Hundemeute mit weit heraushängenden Zungen. Die unmittelbare Nähe des schon äußerst gereizten Tigers war uns in die Glieder gefahren. Von neuem begann die Hetzjagd hinter ihm her. Gebückt liefen wir vorwärts, das Gewehr in der Rechten, der Dornen nicht achtend, die unsere Kleider zerrissen, von Schweiß durchnäßt, atemlos. Immer wieder ein Aufschrei: „Dort ist er!“ – „Hier ist er!“ – und jeden Augenblick konnte sich das in die Enge getriebene Tier aus dem Dickicht auf einen von uns stürzen. Die Hunde hielten die Schweißfährten richtig ein. Wir hörten Standlaut und eilten darauf zu – vergebliche Liebesmühe! Bevor wir die Stelle erreichten, war der Tiger auf und davon. Dreimal jagte er kaum fünf Meter an uns vorbei, ohne daß wir auch nur einen Flecken seines Felles im Dickicht ausnehmen konnten. Ein viertes Mal sah mein Mann ihn den Bruchteil einer Sekunde lang auf sich zukommen. Blitzschnell hatte der Tiger ihn eräugt – hielt mitten im Absprung inne – verschwand wieder. An ein Abkommen, ja auch nur an ein Anschlagen des Gewehres war nicht zu denken.

Die Sonne stand schon hoch am Himmel, unser Puls flog, die trockene Zunge klebte am Gaumen. Da, wieder Standlaut – wir stürmten vorwärts. Der Tiger hatte einen Haken geschlagen und sich einen größeren Bambusbusch als Rückendeckung ausgesucht. Kaum zehn Schritt war er von uns entfernt. Fauchend, zum Sprunge geduckt, Wild mit dem Schwanze schlagend, beobachtete er die Hunde, die ihn außerhalb der Reichweite seiner furchtbaren Pranken umkläfften. Meinen Mann der spitz von hinten kam, nahm er nicht mehr wahr. Da ertönte schon das Kriegsgeschrei der Pnong in der Nähe, im nächsten Augenblick konnte der Tiger wieder flüchtig werden. Blitzschnell hob Hugo den Drilling, und schon stürzte der Tiger, schräg von hinten in den Schädel getroffen, in sich zusammen. Aufatmend betrachteten wir die Beute. Tatsächlich hatte ein Speer ihn an einer Keule getroffen und eine mäßig schweißende Wunde hinterlassen. Schon kamen die Krieger herangestürzt und hielten dem Tiger vorsichtig ihre Lanzen entgegen, bis sie sich überzeugt hatten, daß er wirklich tot war. Nur mit Mühe konnten wir sie davon abhalten, in den toten Feind zu stoßen, um sich durch sein Blut künftiges Waffenglück zu sichern. In wilden Sprüngen tanzten sie einen Siegestanz. Wir aber ließen die mächtige Beute nicht aus den Augen, da die Männer immer wieder versuchten, sich der Schnurrbarthaare und der Klauen zu bemächtigen, die für sie wertvolle Zaubermittel waren.Sechs Männer trugen den an zwei Stangen gebundenen Besiegten ins Dorf.

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Hey Annelise,

das wäre doch ein spannendes Vergnügen, meine ich. Viel besser kann die Jagd wohl kaum werden!

Waidmannsheil, Lutz Möller

Tigerjagdbücher

Mach ich Christian,

Lies das mal Tigerjagd

Gruß Lutz, Montag, den 7. April 2008

Uh, haarig.

Ich habe immer mal Jim Corbett gelesen, der wohl der erfahrenste Jäger von Menschen fressenden Tigern und Leoparden in Indien war. Im besten Sinne britisches Understatement; aber wenn man dann überlegt was der Kerl gerade wirklich macht, wenn er des Nachts auf einem über dem Abhang lehnenden Baum auf einen Tiger wartet der schon 50 oder hundert Leute gefressen hat und keine Scheu vor Menschen mehr besitzt, hat es mir zumindest gegruselt. Die Beschreibung ist eher trocken. Auf Englisch sehr lesenswert, finde ich.

Auf Deutsch gibt es wohl nur wenige Bücher von ihm zu kaufen und manche Titel auf Deutsch sind etwas reißerisch

Die meisten Übersetzungen sind nun auch schon über fünfzig Jahre alt und werden wohl nicht mehr aufgelegt.

Gruß und viel Spaß bei der Lektüre.

Christian, Montag, 7. April 2008 06:53