Tag Herr Beisiegel,
mit zwei Freunden wollen wir ein großes Niederwildrevier pachten und werden
dementsprechend viel Rehwild erlegen. Kennen Sie sich mit den Vorschriften
Rehschinken herzustellen und in den Handel zu bringen aus. Wo kann man das
nachlesen?
Waidmannsheil, Lutz Möller
Lutz Möller
Hallo Herr Möller,
bitte entschuldigen Sie, daß ich mich erst jetzt melde. Zur Wildbretvermarktung
gibt es mehrere Ansätze.
- Alle Maßnahmen zur Gewinnung hygienisch einwandfreiem Wildbret müssen gegeben
sein. Wildkammer (reine und unreine Seite), Kühlung, Personalhygiene,
Umfeldhygiene usw.
Erlegtes Wild aus dem eigenen Revier ist ohne Fleischbeschau (in
Rheinland-Pfalz; bitte prüfen, da Ländersache) möglich. Sollte Wildbret aus
mehreren Revieren vermarktet werden und an Dritte, erst recht an Gastronomen
abgegeben werden, ist eine Fleischbeschau zwingend erforderlich. Der Gastronom
kann auch Wildbret ohne Beschau von Ihnen kaufen, kann aber dann in Konflikt mit
der Lebensmittelüberwachung geraten, da er unbeschautes Fleisch (Stempel, MHD
Etikett) an Dritte nicht vermarkten darf.
Noch besonderer wird es mit der Herstellung von Schinken oder Wurstwaren. Unsere
Kreisveterinärbehörde kontrolliert momentan alle sogenannten Selbstvermarkter,
da es für die Herstellung und Vermarktung seit neuestem noch schärfere Gesetze
gibt. Wenn Sie Schinken- oder Wildwurstprodukte vermarkten möchten, empfehle ich
Ihnen, suchen Sie einen EU zugelassenen Metzgerbetrieb. Solche Betriebe
dürfen für alle Arten der Vermarktung herstellen. Lassen Sie sich dort die
hergestellten Erzeugnisse abpacken und beschriften. Somit wären Sie, was
die Haftung anginge, auf der sicheren Seite. Da die Produkthaftung unter
Gesichtspunkten des immer stärker werdenden Verbraucherschutzes immer heftiger
wird, würde der Metzger Sie aus der Haftung nehmen.
Beispiel: Sie lassen sich von einem Hobbymetzger
Fleischerzeugnisse herstellen. Durch Unachtsamkeit, mangelnde Erfahrung,
Hygienemängel usw. hat die Ware gesundheitsgefährdende Eigenschaften ( Bazillus
Baktus (Dosenwurst), Salmonella, usw.). Nun erkrankt ein Verbraucher durch den
Verzehr Ihrer Produkte. Der Metzger ist nicht haftbar zu machen da Sie, der in
Verkehrbringer sind, und somit der Sorgfaltspflicht unterliegen. Jetzt kommt der
dickste Klops, dieser Sachverhalt ist keine Ordnungswidrigkeit sondern ein
Straftatbestand. Die hieraus erwachsenden Folgen dürften Ihnen bekannt sein.
Des Weiteren ist der kalkulatorisch Aspekt ein nicht zu unterschätzender Faktor.
Rehkeulen ohne Knochen werden zur Zeit zwischen 14,90 € und 18,90 € gehandelt.
Also muß man, ohne die Herstellungskosten zu berücksichtigen schon davon
ausgehen, daß der Schinken allein durch den Verlust beim Salzen und räuchern
mindestens 50 bis 60% verliert. Somit verdoppelt sich schon mal der Kilopreis.
Mit allen Herstellungs- und Vertriebskosten müssen Sie 60 bis 70 € je Kg
Verkaufspreis erzielen. Unabhängig von der Tatsache, daß sich Rehwildfleisch
nicht optimal zur Schinkenproduktion eignet (wird zu trocken) müssen Sie sich
überlegen, ob Sie ein Käuferpotential für eine so hochpreisiges Ware erschließen
können.
Möchten Sie sich trotz aller Widrigkeiten dieser Aufgaben stellen, können Sie im
Netz alle relevanten Verordnungen und Gesetze nachlesen. Auf jeden Fall rate ich
Ihnen mit der für Sie zuständigen Veterinärbehörde Kontakt aufzunehmen. Ohne
Genehmigung der Behörde würde ich keine Vermarktung beginnen.
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:139:0055:0205:DE:PDF
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:139:0055:0205:DE:PDF
http://www.bmg.gv.at/cms/site/attachments/2/4/4/CH0798/CMS1201795406424/vo_1441_2007.pdf
http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/lmkv/gesamt.pdf
Sollten Sie noch Fragen haben melden Sie sich gern. Als
Kalkulationsgrundlage hänge ich Ihnen an diese Mail unsere
Wildankaufskonditionen an. Ich bitte Sie nur, diese nicht ohne mein Wissen
weiter zureichen, da ich nicht möchte daß die Unterlagen durch das Internet
wandern.
Weiterhin gut Schuß und viel Waidmannsheil, Gruß Christian Beisiegel, Sonntag,
21. März 2010 13:46
Tag Herr Beisiegel,
danke für Ihre Auskunft. Wenn man sich wie Sie in dritter Erbfolge mit Fleisch (von Haus- wie Wildtieren) beschäftigt, kennt man die sich ergebene Schwierigkeiten. Das zeigen Sie deutlich, auch an Ihren Ankaufbedingungen. Schade, daß Sie so weit entfernt arbeiten. Mal sehen, ob in der Nähe de Revieres auch jemand „von Ihrem Kaliber“, wenn ich das mal so sagen darf, zu finden ist. Ich hoffe.
Zwecks heilem Wildpret sollten Ihre Jäger sich mit dem Lutz Möller KJG vertraut machen. Munition gibt's im Laden!
Herzlichen Dank für Ihren Rat und Ihre Hilfe
Waidmanns Heil, Lutz Möller