Schußtafel meiner alten 9,3x64 2005 in
Afrika
Ich suchte nach. Das Tier hatte eben vor ein Gehölzecke neben dem Gehöft
gestanden. Sein Platz war also einfach zu finden. Ich fand sein Bett, aber
keinen Schweiß. Na dann eben nicht. Hell genug war es um Zeitung zu lesen. Also
ab nach Haus.
Lutz Möller November 2007,
Nach dem Ende der
Samstag-Drückjagd ging es zurück
zur Jagdhütte – die Mittagszeit war längst überschritten, wir waren hungrig und
freuten uns schon auf heißen Kaffee bzw. Tee sowie auf ein kleines
Nachmittagsschläfchen.
Der Abendansitz stand an und
die finnischen Freunde verteilten uns auf die Fahrzeuge, um uns auf die Ansitze
zu bringen. Das können ausgediente kleine Caravans sein, gewöhnliche offene oder
auch geschlossene Hochsitze, kleine Hütten mit oder ohne Fahrgestell und auch
ganz gewöhnliche Drückjagdböcke sein. Die Verteilung der Jäger auf die einzelnen
Ansitze erfolgt meist nach Zufall, es sei denn man kennt das Revier von früheren
Jagdreisen und äußert seinen Wunsch oder unsere Jagdleiter Göran und Hanno
teilen einen Ansitz aus diesen oder jenen Gründen zu. Benachteiligt wird dabei
keiner, die Chancen sind überall gleich gut oder schlecht und beim nächsten
Ansitz kann alles schon wieder ganz anders aussehen.
Mein Ansitz am diesem
Samstagabend war eine kleine Hütte auf einem grob halbierten
LKW-Anhängerfahrgestell. Sie stand auf einer kleinen Anhöhe am Waldrand und man
mußte erst einmal über einige große Granitblöcke klettern, um dann über die
vereiste Diechsel durch eine herrlich klemmende und quietschende Tür ins Innere
zu gelangen. Wie die Finnen diese fahrbare Ansitzhütte zwischen die Granitblöcke
bekommen haben, ist mir aber nicht ganz klar … . Das Innere ist Zweckmäßigkeit
pur. Geradeaus fällt ein alter, aber durchaus funktionsfähiger Saunaofen ins
Auge, sein Rauchrohr geht direkt und ohneirgendeine Isolierung durch die
dadurch schon heftig angesengte und verkohlte Öffnung in der Holzwand ins Freie.
Übrigens, seltsamerweise stört ein rauchender, funkensprühender und knackender
Ofen das finnische Wild gar nicht. Diese Erfahrung habe ich schon im letzten
Winter machen können.
Rechter Hand befindet sich dann
ein Fenster mit zwei Flügeln, allerdings kann man nur einen Flügel öffnen. Vor
diesem steht ein alter Tisch mit einer umgedrehten Fußbank darauf. Einige
mottenlöchrige Decken und Kissenfragmente liegen noch bereit, um im
Zusammenwirken mit der Fußbank eine individuelle Abstimmung und Höhenanpassung
der Gewehrauflage herzustellen. Die Fenster sind üblicherweise mit einem
ausgedienten Laken oder auch einer alten Gardine verhängt, da die Weißwedel
besonders Bewegungen sehr gut rät können und bei einem angeheizten Ofen der
Hütteninnenraum oftmals nicht ganz dunkel ist. Man muß sich also mit diesen
Tüchern einen Sehschlitz bzw. ein Guckloch basteln. Vor dem Tisch steht dann ein
kleiner Hocker mit Schaumstoff als Polsterung. Rechts von Tisch und Fenster,
also Richtung Tür, lagert ein ordentlicher Stapel gehackter Holzscheite, dazu
Splitterholz und Streichhölzer sowie etwas Papier zum Feuer anzuzünden. An der
Wand über dem Stapel, wie in vielen Ansitzen, hängt ein Kalender aus vergangenen
Jahren mit hübschen und sehr spärlich bzw. gar nicht bekleideten Mädchen. Über
dem Kalender hängt ein kleines Bord mit einer angefangenen Schnapsflasche sowie
einem Becher.
Ungewöhnlich ist für mich ist
das oftmals eingeschränkte Blickfeld aus den finnischen Ansitzen. Diese Hütte
hatte ein Fenster, das Guckloch ließ sich auf höchstens 40 x 40 cm einrichten –
das habe ich aber schon viel kleiner erlebt. Daraus ergibt sich ein Blickwinkel
von vielleicht 45° nach vorn. Im Vergleich zu den deutschen Kanzeln ist das eine
Umstellung, bieten diese doch wenigstens 180° oder sogar Rundumsicht. Nun, in
Finnland ist ein Winter viel kälter und fast alle Ansitze sind gekirrt – man
braucht also eine Rundumsicht nicht wirklich.
Mein Ansteller fuhr mich also
zu diesem Ansitz, zeigte mir den Trampelpfad und den Weg über die Steinblöcke
und dann den kuriosen Öffnungsmechanismus der Tür. Eigentlich wollte er sofort
den Ofen anheizen, aber ich hielt ihn davon ab. Es waren vielleicht minus 8°,
ich hatte einen Ansitz in einer Hütte und gute Winterklamotten nebst
kanadischer Winterstiefel an. Das sollte eigentlich genügen.
Dann richtete ich mich ein,
legte Fernglas und Handschuhe bereit, lud die Blaser BBF 95 (.30
R – MJG „spitz“ u. 12/76 mit Zeiss
Varipoint 3-12 x 56 LA 56) und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Am
Vorabend war ich schon auf dem gleichen Stand und hatte Anblick mit 2
Schneehasen, 2 Alttieren und 3 Kälbern. Ich schoß sie alle – allerdings mit der
Videokamera, aber nicht mit der Waffe. Heute sollte es nun anders werden, die
Videokamera lag in der Jagdhütte … .
Wie schon erwähnt, stand der
Ansitzwagen am Waldrand, die Fensteröffnung auf eine vor dem Wald liegende Wiese
mit anschließendem Acker gerichtet. Die Wiese war etwa 30 m breit, der Acker 70
m, dann kam wieder dichter Wald. Ergo hatte ich 100 m freies Schußfeld vor mir.
Die Kirrung war 80 m entfernt, zumindest sagte mir das der Laser. Wenn ich mich
vorbeugte, konnte ich links und rechts noch einen guten Teil des Ackers
überblicken. Es lag eine Schneedecke und mit einfallender Dämmerung stieg der
Mond zügig. Also sehr gute Sichtverhältnisse.
Nach etwa 1 Stunde kamen wieder
die beiden mir schon bekannten Schneehasen, ästen hier und da auf der Wiese und
steuerten dann zügig die Kirrung an. Die dort liegenden Mohrrüben paßten
anscheinend genau. Nach einer weiteren Stunde kegelten und sicherten die beiden
Hasen plötzlich in immer kürzeren Abständen und flohen dann in langen Fluchten.
Zunächst konnte ich die Ursache nicht ausmachen, hörte dann aber ein von links
kommendes Knacken. Nach 5 Minuten offenbarte sich die Ursache im Glas. Ein
Weißwedel wechselte an, zunächst in Richtung Wiese auf meiner Seite, ungefähr
noch 200 m entfernt. Das Knacken kam von den gefrorenen Wasserpfützen in den
Ackerfurchen. Zwischen den Lauschern des Weißwedels war nichts zu sehen,
zumindest bisher nicht. Also wohl ein einzelnes Tier? Würde es weiter in
Richtung Wiese ziehen, wäre an einen Schuß wegen meines 45° Blick- und
Schußwinkels nicht zu denken, außerdem hätte es bald Wind von mir. Also blieb
nur warten. Etwa 100 m links meines Ansitzes verhoffte das Tier, sicherte und
zog nach einer Weile in aller Ruhe mit vielen Haken und Umwegen in Richtung
Kirrung. Nun war ein besseres Ansprechen möglich, obwohl die Kirrung noch im
Mondschatten der Bäume lag. Zwischen den Lauschern war immer noch nichts zu
erkennen, allerdings war der Körperbau männlicher mit umfangreicherem Träger als
die Tiere vom Vorabend. Also einigte ich mich mit mir selbst auf einen Jährling
und nahm die BBF zur Hand. Dabei knarrte der morsche Fußboden der Hütte ein
wenig und der Weißwedel sicherte sofort und lange zu mir herüber. Ich saß also
zur Salzsäule erstarrt in unbequemster Haltung mit dem Gewehr im fast
ausgestreckten Arm und hoffte auf ein baldiges Nachlassen der Aufmerksamkeit.
Der Weißwedel begann mit Scheinäsen und ließ, wie mir schien, keinen Blick vom
Ansitz. Nach mir endlos erscheinenden 10 Minuten begann ich sachte, das Gewehr
in Anschlag zu bringen, dimmte den Leuchtpunkt und versuchte, auf dem Wildkörper
abzukommen. Allerdings stand mein Ziel entweder spitz mit gesenktem Träger zu
mir oder zeigte mir die Hinterfront. An „breit“ war nicht zu denken. Ein
Weilchen wartete ich noch und mir fielen plötzlich die Finnen ein, die, um
Wildpret zu schonen, eigentlich
regelmäßig auf das Haupt
schießen. Also zog ich mit dem Leuchtpunkt in Lichterhöhe aufs Haupt, wartete,
bis der Weißwedel ruhig sicherte und erhöhte dann sachte und zügig den Druck auf
den Abzug. Dank der hdp-Bremse
sah ich durch den Schuß, wie das Tier sofort zusammensackte und ruhig lag.
Sicherheitshalber lud ich sofort nach und beobachtete den Ort des Geschehens
noch eine geraume Weile durch das ZF. Aber es gab keine Bewegung mehr.
Nach einer halben Stunde waren
die Schneehasen wieder da und mümmelten, unbeeindruckt von dem dort liegenden
Weißwedel, weiter an den Mohrrüben.
In einer weiteren halben Stunde
tat sich nichts weiter. Wegen der nach wie vor guten Sicht bei Schnee und
Vollmond erwog ich einen „Stellungswechsel“ und rief Hanno über das Handy an. Er
wollte in 10 Minuten mit dem Hänger da sein. Also räumte ich in der Hütte meinen
Kram abmarschbereit und schloß das Fenster. Da ich einen Bergehaken in der
Tasche hatte, beschloß ich, meine Beute schon mal vom Acker an den Waldrand zu
ziehen und marschierte in RichtungAnschuß. Dort angekommen, rollte ich den
Schleppgurt ab und wollte gerade den Zughaken im Unterkiefer einhaken, als ich
in der Ferne links von mir Hannos Autoscheinwerfer sah. Kurz darauf hörte ich
aus eben dieser Richtung ein Knacken, konnte aber auch mit Glas nichts erkennen.
Also kümmerte ich mich wieder um meinen Jährling (er hatte übrigens 1-cm –
Endchen zwischen den Lauschern) kniete nieder, um endlich den Zughaken fest zu
bekommen. Dann wieder dieses Knacken von gefrorenen Pfützen, diesmal anhaltend.
Ich fuhr auf den Knien herum und sah einen Weißwedelhirsch in voller Flucht in
Richtung Acker auf mich zu, offensichtlich von Hannos Auto aufgeschreckt. Mich,
zumal auf Knien, und den vor mir liegenden Jährling nahm er wohl zunächst nicht
als Gefahr wahr, denn er hielt erst 50 m vor mir, sicherte kurz, ehe er mich
eilig in einem weiten Bogen umschlagen wollte. Zu alledem hatte ich das Gewehr
diagonal umgehängt, um beim Beuteziehen freie Hand zu haben. Endlich hatte ich
das Gewehr freigefingert und den Leuchtpunkt an. Das kam mir ewig lange vor,
obwohl es sicher nur Sekunden dauerte. Ein Knie auf den Acker, das andere auf
den Jährling, in Anschlag gehen, den Leuchtpunkt vor dem Bug des Hirsches
mitziehen und abziehen waren eins. Alles lief mehr im Unterbewußtsein und
automatisch ab. Der Hirsch zeichnete deutlich und verschwand mit unsicherer
Flucht im vielleicht noch 30 m entfernten Wald. Inzwischen waren Hanno und Micha
fast da und rangierten das Fahrzeug in die Nähe meines Ansitzes. Mit Micha
suchte ich dann mit der Lampe denAnschuß des Hirsches und wir fanden eine sehr
deutliche Schweißspur neben den Schaleneingriffen. Diese verfolgten wir zum Wald
und da rief Micha auch schon: „Hier liegt er“. Ein kräftiger 8er,
laut späterem Urteil der Finnen 6-7 Jahre alt. Wir bargen also Hirsch und
Jährling und fuhren zur Jagdhütte zurück. Die Finnen übernahmen beide Tiere ins
Schlachthaus, schlugen sie aus der Decke und brachen sie auf. Der Jährling hatte
den Treffer wie geplant und abgekommen im Haupt. Der Hirsch hatte den Treffer in
der Kammer. Den Einschuß kaum sichtbar kurz hinter dem Blatt, der Ausschuß etwa
1-Euro-groß gegenüber auch kurz hinter dem Blatt. Er war bei der Schußabgabe
also richtig „breit“. Beide Lungen waren zusammengefallen und die Aorta
durchtrennt.
Auf den Ansitzwechsel habe ich
dann verzichtet ;-) . Mein abendliches „Soll“ war erfüllt, ich hatte
Waidmannsheil genug gehabt.
Torsten, Donnerstag, 6.
Dezember 2007 21:40
Hirsch und Jährling
Der Hirsch muß mit
mit der Kanone in der Nacht
Hallo Waidmänner,
endlich habe ich die Zeit, ein bißchen Text zu den Bildern zu schreiben. Den
leite ich Lutz für die Webseite morgen zu. Für alle
hier meine Fotos.
Micha, 7. Dezember 2007 20:44
Im finnischen November kommt einem als Mitteleuropäer das Zeitgefühl schnell
abhanden. Der Grund ist, die Morgendämmerung beginnt erst gegen 08:30 Uhr. Die
Sonne kommt sehr flach über die Baumwipfel und dann, gegen 15:30 Uhr herrscht
schon wieder völlige Dunkelheit.
Mit diesem „Jetlag“ im Kopf setzte mich Hanno als Ansteller mit seinem VW T-4
synchro auf einem Feldweg ab. Beim Aussteigen sah ich in etwa 500 m Entfernung 3
Hirsche auf dem freien Feld, weiter hinten noch 3 - 4 Tiere. Hanno zeigte mir
eine Waldinsel zwischen den Feldern, an deren Rand sich ein Ansitz befinden
sollte. Diese Bauminsel hatte etwa eine Ausdehnung von 100 m auf 60 m. Ich
umrundete den kleinen Wald und fand dann doch diesen völlig unfinnischen Ansitz:
Ein paar Baumstämme zum Gerüst aufgerichtet, eine alte Plane drüber, fertig.
Aber ich war ja nicht der Bequemlichkeit wegen hier. Außerdem hatte der
vorläufige Ansitz den Vorzug, daß sich Blickfeld recht groß ausbreitete.
Ich richtete mich möglichst geräuschlos ein. Lediglich die gräßliche
Plastikplane raschelte bei jedem noch so leichten Windhauch. Ich lud den
Karabiner mit 3 Schuß 9,3 x 64 und sicherte.
Mir schien dies es eine tolle Winternacht. Dabei war gerade erst später
Nachmittag. Der fast noch vollständige Mond hing mir als Jagdlampe gerade
vor flach am Himmel.
9,3x64 mit
hdp-Rückstoßbremse lauert in der
Nacht
Auf dem Bilde sieht man deutlich, das Gegenlicht beeinträchtigt meine Sicht auf
den Wald gegenüber unziemlich. Die Schneedecke auf den Feldern half meinen jetzt
die an die Dunkelheit gewöhnten Augen viele Einzelheiten erkennen. Als Neuling
visierte ich jeden verdammten einzelnen Busch durch das ZF an, vor allem, um
Ruhe beim Zielen zu bekommen, aber auch, um das Gelände zu erkunden und die
Entfernungen einzuschätzen.
Die ständige leichte Bewegung der Plane über dem Ansitz im Wind machten alle
Hoffnungen zunichte, vielleicht einige Bewegungen des erwarteten Wildes hören zu
können. Da ich meinen Gehörschutz in der Jagdhütte vergessen hatte, rollte ich
Teile meines Papiertaschentuches zusammen und steckte mir diese in die Ohren.
Jetzt hatte ich endlich Ruhe vor der blöden Plane und hoffte außerdem, ich
würden nicht gleich taub, wenn ich die Waffe sprechen lassen würde.
Nach etwa einer halben Stunde Aufmerksamkeit bemerkte ich dann an der Waldkante
gegenüber, etwa 120 bis 140 Meter weit, leichte Bewegung. Da die Waffe schon in
Richtung Wald auf dem Auflagebalken lag, brauchte ich nur den Sicherungsflügel
umzulegen und das Gewehr in Anschlag zu bringen. Ein Tier trat aus dem Wald,
blieb aber noch im Schatten der Bäume und sicherte. Dann noch ein zweites,
kleineres. Ich hatte noch Torstens Hinweis in Erinnerung, auf jeden Fall das
Kalb vor der Mutter zu schießen. Das etwas vorwitzige Kalb kam ein paar
Meter weiter aus dem Wald als das Alttier und suchte lustlos nach Futter. Nach
einer unendlich langen Zeitspanne (tatsächlich wahrscheinlich nur ein paar
Sekunden) trat das Kalb ein wenig aus dem Waldschatten heraus. Muß ich hier
erläutern, wie ich die ganze Zeit wie gebannt durchs ZF starrte? Das Kalb hatte
ich gut im breit sichtbaren Fadenkreuz (LM: tatsächlich Absehen 1, schrecklich).
Allerdings hatte das keine Beleuchtung und der Leib des Kalbes war vor dem
dunklen Waldhintergrund nur schwer auszumachen. Noch einmal tief ausgeatmet und
ich dachte: „Jetzt oder nie!“. Aber zu früh gefreut: Mein Schuß ging raus, war
aber zu hoch – ich hatte das Fadenkreuz vor dem Waldhintergrund einfach falsch
eingeschätzt.
LM: Absehen 1 ist einfach Mist, weil die sich verjüngende Stachelspitze je nach
Beleuchtung oder Dunkelheit dem Beobachter schwindet und (wie man hier sieht)
unerfreulicherweise Hochschüsse im Dunkeln begünstigt!
Die Beiden gingen sofort Richtung links von mir ab. Schnell repetiert und
hinterher mit dem Gewehr – ich lag schon fast auf dem Auflagebalken um die
Beiden nicht aus dem ZF zu verlieren. Jetzt hatten sie den kurzen Schatten des
kleinen Waldes vor mir verlassen und endlich konnte ich die Tiere flüchtend vor
dem Hintergrund der hellen Schneefläche sehen.
Daß ich bei dem Tempo vorhalten mußte, war mir sofort klar, aber wie weit?
Auf der Ampumarata (finnisch für Schießstand) bewegt sich der Elch auf 75 m
Schießentfernung mit etwa 20 km/h und der Vorhalt betrug dort etwa 30 – 40 cm.
Hier lag aber ein wesentlich höheres Tempo vor – die Entfernung könnte aber
passen 80 – 100 Meter habe ich geschätzt. Allerdings wußte ich auch, die
Geschoßgeschwindigkeit liegt bei 1.100 m/s sehr hoch.
Ich hielt eine Handbreite vor dem Träger des Kalbes vor und ließ den Schuß mit
ruhiger Abzugsbewegung kommen. Das Kalb lief glatt in meinen ersten Schuß auf
ein lebendiges Wesen hinein und fiel sofort nieder. Ich repetierte schnell noch
einmal und versuchte, das Alttier mit der Waffe zu verfolgen, aber das war schon
im Wald verschwunden.
Puuh. Mein Herz hörte ich im wahrsten Sinne des Wortes „bis zum Halse schlagen“
– durch die zugestopften Ohren vernimmt man plötzlich den eigenen Herzschlag wie
einen Drucklufthammer. Dazu kam ein klingelndes Geräusch in meinen Ohren – der
provisorische Gehörschutz hatte versagt und ich einen Tinnitus. Die
Plempe hat ja nicht nur
einfach „Knall“ gemacht, sondern eher ein „Kawummm!“ wie die
Dicke Berta (Mörser aus dem Weltkrieg I, Kaliber 42 cm). Ich war jedenfalls
taub und verfluchte meine Dummheit, den Gehörschutz liegen gelassen zu haben.
Zwei mal tief durchgeatmet und sofort raus aus der vorläufigen Hütte. Das Kalb
lag unmittelbar am Anschuß und mußte sicher nicht leiden. Es lag mit der
Austrittswunde nach oben. Die Eintrittswunde konnte ich erst sehen, als ich das
Tier umgedrehte. Ich hatte es von vorn links leicht schräg in die Kammer
getroffen
Bild 069 Ausschuß.
Das MJG hatte den ganzen Körper des
Kalbes durchquert. Der Geruch des Tieres sagte mir, daß auch der Darm dabei
beschädigt war.
Auf Foto 104 sieht man die Austrittswunde.
Das mit dem Vorhalten nach Gefühl hat
geklappt, aber nur weil die Entfernung recht gering und das
MJG sehr schnell war. Für mich als
Jungjäger war das ein erfreulicher Schuß!
Ich saß dann noch rund 2 Stunden aufgeregt im Ansitz, genoß ein Belohnungsbier (Zipfer
Urtyp aus Österreich) und wartete auf weiteres Wild.
Nichts bewegte sich mehr (nicht mal ein Fuchs).
Dann kam Hanno mit dem Anhänger, der noch leer war. Ich zerrte das Kalb über
rund 300 Meter bis zum Feldweg und holte mir die Glückwünsche von Hanno ab.
Mit dem Kalb auf dem Hänger, meinen ersten Jagderfolg im Kopf war ich euphorisch
und gut gelaunt. Wir fuhren weit durch den Wald um Torsten abzuholen, der mit
Hanno schon telefoniert hatte.
Wie Torstens Jagdgeschichte lief, habt ihr
oben schon gelesen.
Gregor Torsten Lutz
Micha Torsten Svante
Waidmanns Heil ! Micha, 7. Dezember 2007
Hallo Waidgenossen,
wie ihr auf dem Bild sehen könnt, ist von meinem Kalb nicht wirklich viel übrig
geblieben.
Die Rippenbögen sind weg
Geschmeckt hat es dank der Kochkünste meiner Frau hervorragend.
Viele Grüße, Micha, Freitag, 7. Dezember 2007 21:26
Daß die Finnen Micha allein auf dem Ansitz ließen wunderte mich, denn ich hatte
ihnen gesagt, Michael sei Anfänger. Er hatte zwar unter Beobachtung erstaunlich
gut vorgeschossen, aber das ist ja nicht alles.
Moin Michael,
schwingtest du eigentlich bei dem Vorhalten mit (richtig), oder ließest du das
Kalb in den Vorhalt laufen (falsch). Der Treffer lag zu weit hinten im
Gescheide. Das Kalb zog offensichtlich spitz, denn der Schuß ging nach den
Bildern teilweise durchs das Weiche in die Kammer. Der für das Kalb gewaltige
Treffer hoch ins Weiche verursachte eine
Kraftstoß auf die Wirbelsäule mit dem stoßempfindlichen Rückenmark. Dessen
Scherung zwischen den bewegten Wirbeln lähmte wirbelsäulenabwärts sofort alles,
insbesondere die Keulen, ohne die kein Wesen flüchten kann. Bis du an Deiner
Beute warst verblutete = starb es. Da du, wie alle anderen auch, das Wildpret
abnahmst fehlten Dir nun die Rippen. Wildpret, das mit Darminhalt in Berührung
kommt, hält sich nicht. Da ihr das zügig aufgegessen habt, störte euch das
allerdings nicht.
Nachdem Dir diese Jagdreise Freude und Beute brachte, solltest du wohl mal
überlegen, eine weiterführend Jagdausbildung zu genießen.
Waidmanns Heil, Lutz ,
Hallo Lutz
das ging ja schnell mit der Einstellen
meines Berichtes.
Hier die Antwort auf Deine Frage, ob ich mitgeschwungen hätte:
Ja, ich habe die Waffen mit dem Wild bewegt und zwar vor dem Träger des Kalbes,
also eigentlich überholt. Deswegen hatte ich ja auch diese verdrehte
Körperhaltung im engen Ansitz, als ich den Schuß auslöste. Ich habe mir Torstens
Worte durch den Kopf gehen lassen, der noch bei der Drückjagd am Morgen sagte:
„Du hast alle Zeit der Welt – werde bloß nicht hektisch.“
Nach Lage des Einschußes konnte ich mir ausrechnen, der Vorhalt hätte noch
größer sein müssen – ich hatte die Fluchtgeschwindigkeit der beiden Tiere wohl
unterschätzt. 20 cm weiter vor wären besser gewesen! Die Übung macht den Meister
und ich denke stark darüber nach, meine erste Jagderfahrung in Zukunft zu
vertiefen, denn das Erlebnis erregte starke Gefühle.
Im Jagdführer fand ich die Anschrift
einer Jagdschule in Reckahn (Kloster Lehnin) vor den Toren Brandenburgs. Hat
jemand Erfahrung mit der Jagdschule Brandenburg?
Viele Grüße aus BRB, Micha, Samstag, 8. Dezember 2007 12:00
Bilderschau am Abend in der Hütte. Links der Bildschirm, rechts die Kochecke